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Ottmar Ette

Die Listen Alexander von Humboldts.
Zur Epistemologie einer Wissenschaftspraxis

Zusammenfassung

Es gibt Hunderte, ja Tausende von Listen und Auflistungen im wissenschaftlichen Schaffen Alexander von Humboldts. Sie fügen sich ein in die diskontinuierliche Schreibweise des preußischen Forschers und sind in vielerlei Hinsicht nicht nur wie seine Schriften selbst als vielsprachig, sondern auch als viellogisch zu bezeichnen. Sie repräsentieren Schreibformen, auf welche Humboldt in seinen Amerikanischen Reisetagebüchern als dem wohl besten Zugang zu seinem Denk-, Schreib- und Wissenschaftsstil, aber auch in seinen gedruckten wissenschaftlichen Abhandlungen häufig zurückgriff. Es sind Listen einer Epistemologie ständiger Erweiterung. Sie markieren den Beginn einer transdisziplinären Wissenschaft, die von ihrer Aktualität nichts verloren hat. In unseren Zeiten ökologischer Katastrophen braucht es ein Denken, das unseren Planeten Erde in all seinen Zusammenhängen und Wechselwirkungen erschließt und Sorge dafür trägt, die verschiedenartigen Einwirkungen der Kulturen der Welt auf die Natur nicht länger zu vernachlässigen.

Résumé

Il existe des centaines, voire des milliers de listes et de listages dans les travaux scientifiques dʼAlexander von Humboldt. Ils sʼinscrivent dans le style d’écriture discontinu du chercheur prussien et peuvent être décrits à bien des égards non seulement comme multilingues, comme ses écrits eux-mêmes, mais aussi comme polylogiques. Ils représentent des formes dʼécriture que Humboldt a souvent utilisées dans ses carnets de voyage américains, probablement le meilleur accès à son style de pensée, dʼécriture et de recherche, mais aussi dans ses traités scientifiques imprimés. Ce sont des listes dʼune épistémologie en constante expansion. Les listes de Humboldt marquent le début d’une science transdisciplinaire qui n’a rien perdu de son actualité. En ces temps de catastrophes écologiques, nous avons besoin dʼun mode de pensée qui ouvre notre planète Terre dans tous ses contextes et interactions et qui fasse en sorte que les diverses influences des cultures du monde sur la nature ne soient plus négligées.

Abstract

There are hundreds, even thousands of lists and listings in the scientific work of Alexander von Humboldt. They fit into the discontinuous style of writing of the Prussian researcher and in many respects can be described not only as multilingual, like his writings themselves, but also as polylogical. They represent forms of writing that Humboldt often used in his American Travel Diaries, probably the best access to his style of thinking, writing and research, but also in his printed scientific treatises. They are lists of an epistemology of constant expansion. Humboldtʼs lists mark the beginning of a transdisciplinary science that has lost none of its topicality today. In our times of ecological catastrophes, we need a way of thinking that opens up our planet Earth in all its contexts and interactions and ensures that the various influences of the world’s cultures on nature are no longer neglected.

Das Lachen des Epistemologen

Das wohl berühmteste Buch zeitgenössischer Epistemologie entspringt einer Liste und einem Lachen. Der erste Abschnitt des Vorworts von Les mots et les choses hat es in sich und verweist bekanntermaßen auf die imaginative Kraft der Literatur:

Dieses Buch hat seine Entstehung einem Text von Borges zu verdanken. Dem Lachen, das bei seiner Lektüre alle Vertrautheiten unseres Denkens aufrüttelte, des Denkens unserer Zeit und unseres Raumes, das alle geordneten Oberflächen und alle Pläne erschüttert, die für uns die zahlenmäßige Zunahme der Lebewesen klug erscheinen lassen und unsere tausendjährige Handhabung des Gleichen und des Anderen (du Même et de lʼAutre) schwanken läßt und in Unruhe versetzt. Dieser Text zitiert „eine gewisse chinesische Enzyklopädie“, in der es heißt, dass „die Tiere sich wie folgt gruppieren: a) Tiere, die dem Kaiser gehören, b) einbalsamierte Tiere, c) gezähmte, d) Milchschweine, e) Sirenen, f) Fabeltiere, g) herrenlose Hunde, h) in diese Gruppierung gehörige, i) die sich wie Tolle gebärden, k) die mit einem ganz feinen Pinsel aus Kamelhaar gezeichnet sind, l) und so weiter, m) die den Wasserkrug zerbrochen haben, n) die von weitem wie Fliegen aussehen“. Bei dem Erstaunen über diese Taxonomie erreicht man mit einem Sprung, was in dieser Aufzählung uns als der exotische Zauber eines anderen Denkens bezeichnet wird – die Grenze unseres Denkens: die schiere Unmöglichkeit, das zu denken.1

Michel Foucault hat in seinem erstmals 1966 bei Gallimard erschienenen Band nicht nur einen literarischen Text als Ausgangspunkt seiner „Archäologie der Humanwissenschaften“ bestimmt, sondern mit dem Argentinier Jorge Luis Borges einen Vertreter jener lateinamerikanischen Literatur gewählt, die in den sechziger Jahren ihren keineswegs aus dem Nichts kommenden kometenhaften Aufstieg weltweit erlebte. Er entschied sich dabei freilich nicht für einen Text, der sich den Autoren des sogenannten „Boom“ der lateinamerikanischen Literatur zuordnen ließe, sondern für jenen Argentinier, der schon bald als einer der Bezugsautoren und Gründungsväter dessen zu gelten begann, was man gemeinhin die „Postmoderne“ zu nennen pflegt2. Mit einer Zeitverzögerung von Jahrzehnten sollte Borges im abendländisch bestimmten System der Literaturen der Welt als ihr Gründungsvater gelten. Das Lachen von Borges über diese Einordnung und Klassifizierung kann man sich sehr gut vorstellen.

Wenn auch an dieser Stelle der Frage, ob wir Michel Foucault eher dem Strukturalismus oder dem Poststrukturalismus, eher der Moderne oder der Postmoderne zuordnen sollten, kein Reflexionsraum eröffnet, sondern eher angemerkt wird, dass wir derartige „Alternativen“ nur als Verdeutlichung einer klaren Verarmung des begrifflichen Vokabulars ansehen sollten, ist doch die Tatsache bemerkenswert, dass sich der französische Epistemologe auf ein Aufrütteln „des Denkens unserer Zeit und unseres Raumes“3 bezieht und damit eine raumzeitliche Einschränkung vornimmt, die sich auf eine tausendjährige Geschichte des abendländischen Denkens – womit zweifellos unser Denken im Sinne Foucaults gemeint ist – bezieht. Denn das von Foucault untersuchte Verhältnis zwischen den Worten und den Dingen ist selbstverständlich eines, das auf dieses Denken raumzeitlich beschränkt ist.

Im Zentrum dieses ersten Abschnitts von Les mots et les choses steht folglich das Lachen des Epistemologen. Es ist ein geradezu Rabelaisʼsches Lachen angesichts von Denkhorizonten, welche die Literatur sehr wohl entwerfen und wohl auch künstlerisch fassen kann, die für die abendländische Philosophie aber nicht mehr (zumindest kategoriell) fassbar sind. Und es geht Foucault um jene „Unmöglichkeit, das zu denken“4. Aber was ist es eigentlich, das hier als unmöglich zu denken bezeichnet wird?

Im Kern des von Foucault zitierten Textes von Borges, „Die analytische Sprache John Wilkinsʼ“, steht eine Liste, welche in insgesamt dreizehn aufgelistete Punkte unterteilt ist. Sie ist durch „unsere tausendjährige Handhabung des Gleichen und des Anderen5 nicht in den Griff zu bekommen oder, anders formuliert, epistemologisch zu denken. Es besteht kein Zweifel daran, dass sich – folgen wir dem französischen Philosophen Vincent Descombes – weite Teile der Geschichte der französischen Philosophie im 20. Jahrhundert von eben jenen beiden Begrifflichkeiten her denken lässt als eine Geschichte, die ständig um le même und lʼautre kreiste6. Auf eben diese (abendländische) Episteme bezieht sich Michel Foucaults Einlassung.

Nehmen wir einmal an, es träfe zu, dass sich die Liste mit dreizehn Einträgen, die uns Borges serviert, nicht von dieser Episteme her denken ließe, dann hieße dies freilich nicht, dass die verschiedenen Einträge in dieser Liste generell nicht denkbar wären. Denn sie sind nur von ein und derselben Logik her nicht zu denken, auf ein und dieselbe Logik zu reduzieren. Es bedürfte also entweder einer anderen Logik, um die Borgesʼsche Liste zu denken, oder einer viellogischen Denkstruktur, einer Polylogik, von der aus die verschiedenen Einteilungen und Unterteilungen her gedacht werden könnten. Die Literatur selbst – und auch die Literaturen der Welt – hat damit keine Schwierigkeiten: Sie stellt ein viellogisches System dar.

Betrachten wir die Liste, die Chinoiserie, des argentinischen Schriftstellers näher, so sehen wir, dass sie eine kleine List enthält. Denn unter Punkt l) ist eine Art mise en abyme eingetragen, die mit der Bezeichnung „und so weiter“ die Formel einer Auflistung bezeichnet, welche zumindest ihrer Tendenz nach unendlich ist. Sie enthält damit gleichsam die gesamte Liste in der Form einer pars pro toto, in der wir die ars pro toto und die damit verbundene Lust des Argentiniers erkennen dürfen. Denn die Formel des usw. oder des et cetera eröffnet die Möglichkeit, eine gegebene Auflistung zu weiten und wenn nötig auf eine grenzenlose Liste hin zu öffnen, in welcher sich grenzenlos und lustvoll schwelgen lässt.

Doch das Lachen des Epistemologen gilt wohl eher der abendländischen Unmöglichkeit eines Denkens dieser viellogischen Liste. Ist es ein Lachen der Perplexität oder eher ein Lachen, das eine Herausforderung annimmt? Es bezeichnet zugleich auch jene Stelle, an welcher sich im Angesicht einer Liste das Eingeständnis einer historischen Last Bahn bricht, ein Eingeständnis, das freilich auf einer Metaebene jene Lust entbindet, die sich im Lachen zu äußern vermag. Wenn wir dieser Lust Raum geben, dann bleibt sie im Angesicht der historischen Last nicht an Ort und Stelle stehen, um den weiteren Dienst zu verweigern, sondern entfaltet entsprechende Listen, um das überhaupt denken zu können, was ihr von der Liste der denkbaren Tiere aufgegeben wurde. Sie setzt die Listen gleichsam in Bewegung.

Gewiß öffnet der borgesianische Text den Blick auf eine Epistemologie des et cetera. Denn es wäre in der Tat möglich, diese im Text von Jorge Luis Borges enthaltene Aufforderung zu einem Lob des usw., zu einem Eloge des et cetera, von den Möglichkeiten unseres Denkens her zu öffnen und damit eine Epistemologie der Weitung und Erweiterung zu denken, die es jenseits von Michel Foucaults Lachen zu entwickeln gäbe7. Doch unsere Aufgabe in den nachfolgenden Überlegungen zielt nicht auf eine Veränderung der abendländischen Episteme, sondern auf die Erforschung des Denkens eines Hauptvertreters der auf der okzidentalen Episteme beruhenden Wissenschaft, dessen zweihundertfünfzigsten Geburtstag wir im vorigen Jahre feierten. Es geht folglich um nicht mehr, aber auch um nicht weniger als jenen Alexander von Humboldt, dessen Denken lange Zeit als eine verschüttete Tradition des 19. Jahrhunderts gelten durfte, dessen Figur aber seit ungefähr einem Vierteljahrhundert wieder zunehmend in den Fokus zeitgenössischer Forschungen ebenso im Bereich der Natur- wie der Kulturwissenschaften gerückt ist.

Die Entstehung der Humboldtʼschen Wissenschaft

Beginnen wir mit einer sachlichen Feststellung: Es gibt Hunderte, ja Tausende von Listen und Auflistungen im gesamten wissenschaftlichen Schaffen Alexander von Humboldts. Wenn wir uns einen Überblick über Denk-, Schreib- und Wissenschaftsstil des preußischen Natur- und Kulturforschers verschaffen wollen8, so bieten den wohl besten Zugang seine Amerikanischen Reisetagebücher. Denn sie sind so etwas wie die Geburtsurkunde, das Entstehungsprotokoll der Humboldtʼschen Wissenschaft. Und schon in ihnen ist die von Umberto Eco ins Feld geführte Unterscheidung zwischen praktischen und poetischen Listen nicht wirklich pertinent9. Denn nicht erst in seinen Ansichten der Natur zielte Alexander von Humboldt auf die „Verbindung eines litterarischen und eines rein scientifischen Zweckes“10: Beide Bereiche fließen in seinen gedruckten Werken wie in seinen Manuskripten immer wieder ineinander.

In keiner anderen Schrift, in keinem anderen Dokument lässt sich mit größerer Genauigkeit der lange und bisweilen langwierige Prozess der Entstehung jener Wissenschaft ablesen, für die der Jüngere der beiden Humboldt-Brüder mit seiner ganzen Persönlichkeit einstand. Sie bilden das eigentliche Herzstück und zugleich das Lebensbuch des Gelehrten und Schriftstellers, der nicht nur während seiner Reise durch die amerikanischen Tropen, sondern über einen Zeitraum von nahezu sieben Jahrzehnten Hypothesen, Messungen, Beobachtungen und Einsichten in seine Amerikanischen Reisetagebücher eintrug. Sie begleiteten ihn folglich ein Leben lang und sind zugleich das Zeugnis der Herausbildung jener transdisziplinären Kombinatorik von Disziplinen, die mit dem Namen Humboldts verknüpft ist.

Um die Bedeutung dieser Reisemanuskripte zu erkennen, muss man sich aus heutiger Perspektive vergegenwärtigen, dass Humboldt mit dem Beginn seiner Reise nach Amerika im Jahre 1799 die erste von insgesamt drei Phasen seines Lebens abschloss und in die zweite, wesentlich stärker selbstbestimmte Lebensphase eintrat. Während der ersten knapp dreißig Jahre seines Lebens war der 1769 im Zeichen eines Kometen zu Berlin Geborene zu dem geworden, was er selbst einen „Nomaden“, einen „Fremdling“ zwischen den Wissenschaften nannte11. Er hatte die unterschiedlichsten Wissenschaften von der Chemie und Mathematik über die Botanik und Geographie bis hin zur Geschichte und jener Kameralistik gequert, die er an den „frostigen Ufern der Oder“ an der Viadrina in Frankfurt an der Oder studiert hatte. Eine lange Liste an Fächern, fürwahr.

Der junge Humboldt hatte sich, teils nacheinander und teils gleichzeitig, auf die verschiedensten Disziplinen eingelassen und diese Vielzahl an der Universität Göttingen noch um die Anthropologie, die Philologie und gewiß auch die Philosophie erweitert. Dazu kam seine Studienzeit an einer Handelsakademie in Hamburg, wo er seine kameralistischen Kenntnisse in der Ökonomie weiter vorantrieb. Das montantechnologische Studium im berühmten sächsischen Freiberg absolvierte er in einem Drittel der vorgesehenen Studienzeit und startete eine Blitzkarriere im preußischen Bergdienst, die aus einem angehenden Bergassessor rasch einen Oberbergrat machte. Doch Humboldt strebte nach Höherem.

Denn nach dem Tod seiner Mutter kehrte er Preußen kurzerhand den Rücken und verwandelte sein Erbe in klingende Münze, die er für eine geplante und ersehnte Reise in außereuropäische Regionen einsetzen konnte. Nach etlichen gescheiterten Reiseplänen war es schließlich die Reise durch die spanischen Kolonialgebiete Amerikas, eine Reise durch die heutigen Länder Venezuela, Cuba, Kolumbien, Ecuador, Peru, Mexico und erneut Cuba sowie die Vereinigten Staaten, die ihn zwischen 1799 und 1804 in einen internationalen Star der Wissenschaften verwandelte. Seine nationalen und internationalen Akademiemitgliedschaften häuften sich rasch. Humboldt betrieb längst nicht mehr eine lange Liste verschiedener Wissenschaften: er hatte zu einer neuen Konzeption von Wissenschaft gefunden.

Denn entscheidend für diese Entwicklung war ein neues, zukunftsgerichtetes Wissenschaftsverständnis: die Humboldt’sche Wissenschaft, die er mit seiner Reise begründete und mit seinen nachfolgenden Schriften in den Wissenschaften etablierte. Alexander von Humboldt war nicht nur der Begründer von Einzeldisziplinen wie der Pflanzengeographie oder der Altamerikanistik, sondern im Sinne Michel Foucaults ein Diskursbegründer, der Erfinder eines neuen Verständnisses und einer neuen Praxis von Wissenschaft, welche gegen die sich im 19. Jahrhundert verstärkende Trennung von Natur und Kultur anging. Sein ebenso umfassender wie komplexer Begriff des Lebens verstand beide, Natur und Kultur, als eine unzertrennliche lebendige Einheit.

Denn mit der Reise in die Neue Welt begann ein tiefgründiges Zusammendenken all jener Disziplinen, in die sich Humboldt zuvor eingearbeitet und vertieft hatte. Zutiefst nomadisch und keinesfalls monadisch blieb sein Wissenschaftskonzept allemal. Früh hatte sein Bruder Wilhelm schon erkannt, dass die große Gabe des Jüngeren in der Kombinatorik bestand: im Zusammendenken des auf den ersten Blick nicht Zusammengehörigen12. Es war der Beginn einer transdisziplinären Wissenschaft, die von ihrer Aktualität heute nichts verloren hat. Im Gegenteil: In unseren Zeiten ökologischer Katastrophen braucht es ein Denken, das unseren Planeten Erde in all seinen Zusammenhängen und Wechselwirkungen erschließt und Sorge dafür trägt, die verschiedenartigen Einwirkungen der Kulturen der Welt auf die Natur nicht länger sträflich zu vernachlässigen.

Der große, aber vorübergehende Erfolg von Daniel Kehlmanns Bestseller Die Vermessung der Welt hat den Preußen als einen bloßen Weltvermesser abgestempelt. Alexander von Humboldt war sicherlich ein Zahlenverrückter, stellte unaufhörlich Messungen an, ließ Tag und Nacht verschiedene Messreihen laufen. Doch bei diesen Messungen blieb er niemals stehen. Sie leiteten stets über in allgemeine Betrachtungen, die von seinem Geist der Kombinatorik beseelt waren. Ihm ging es stets um das große Ganze.

Die Zahlen bezeugten zweifellos seinen profunden Zug zur Empirie und zur empirischen Basis seiner Wissenschaftskonzeption. So finden wir in seinen Schriften eine Unzahl an Listen und Auflistungen mit unterschiedlichen Messangaben ebenso im Bereich der Natur- wie der Kulturwissenschaften. Aber den Zahlen kam bisweilen auch jene Bedeutung zu, die ihnen Dante – den er bewunderte – im Universum seiner Göttlichen Komödie, in seinem Kosmos also, beimaß. Die Zahlensymbolik verbarg dabei nicht die Präzision seiner Angaben, doch diese zielten immer auf ein Generelles ab. Neuere Forschungen einer Toulouser Forschergruppe um Pierre Moret13 kamen zu dem wenig überraschenden Resultat, dass man sein Tableau physique des Andes von 1807 – auf den ausführlich zurückzukommen sein wird – nicht allzu wörtlich und empirisch nehmen dürfe, stammten seine Eintragungen doch keineswegs nur vom Chimborazo, sondern bezogen sich auf die Gesamtheit der heutigen ecuadorianischen Hochanden. Sie boten ein fraktales Modell und kein präzises Verzeichnis des Vorkommens bestimmter Pflanzen an einem bestimmten Vulkan – denn der Chimborazo war für ihn vor allem ein symbolischer Berg: Er hatte ihn nie bis zum Gipfel bestiegen. Humboldt gab zu verstehen, dass er an ihm nicht gescheitert war, sondern dass Wissenschaft an keinen Endpunkt gelangt, sondern dass es stets ein Weiter und ein Darüber-Hinaus gibt, wie er es in seinem Naturgemälde auch andeutete.

Alexander von Humboldt war ein präziser Beobachter von Menschen, nicht zuletzt auch der indigenen Bevölkerung in den Amerikas. Seine anfänglichen Vorurteile, die in den einschlägigen Schriften der philosophes des 18. Jahrhunderts wurzelten, überwand er rasch. Denn er beschäftigte sich zunehmend intensiv mit den amerikanischen Kulturen und wurde zum Begründer der Altamerikanistik, der Wissenschaft von den indigenen Kulturen Amerikas. Auch hier maß er alles aus, dessen er habhaft werden konnte. Aber es ging ihm vordergründig nicht um Maße und Zahlen, nicht um Messen und Berechnen. Denn er entwickelte ein profundes Verständnis jener kulturellen Entwicklungen, welche die verschiedenen amerikanischen Völker durchlaufen hatten, und setzte diese in Vergleich mit der abendländischen Antike sowie mit Kulturen weltweit. Beruhend auf Clavijeros Arbeit und vielen anderen Studien entfaltete er ein historisch fundiertes Bild der indigenen Zivilisationen Amerikas. Und er begann, wie es auch seine späteren Schriften wie beispielsweise seine Vues des Cordillères et Monumens des Peuples Indigènes de lʼAmérique belegen, komplexe Beziehungen zwischen den unterschiedlichsten Kulturen der Welt zu untersuchen14, sie also in ein Gesamttableau der Menschheitskulturen zu integrieren.

Der jüngere der beiden Humboldt-Brüder beschäftigte sich keineswegs nur mit den Phänomenen der Natur; ihn lediglich als Naturforscher zu bezeichnen, ist ebenso traditionsreich wie grundfalsch. Eine solche Ansicht schwappt in Deutschland und bisweilen auch im europäischen Ausland, niemals aber in Lateinamerika hoch; denn dort weiß man um seine intensive Beschäftigung etwa mit amerikanischer Geschichte und Kultur. Natur und Kultur waren für Humboldt aufs Engste miteinander verflochten. Diesen Prozeß einer Einsicht in die unauflösliche Verbindung von Kultur & Natur belegen seine Amerikanischen Reisetagebücher auf sehr präzise und zugleich alltägliche Weise. Dies hatte weitreichende wissenschaftliche Konsequenzen.

Gewiß, es ist nicht völlig geklärt, wie das zentrale Axiom der in Entstehung begriffenen Humboldtʼschen Wissenschaft in seine Reisetagebücher kam. Denn inmitten einer anders ausgerichteten französischsprachigen Passage blitzte es förmlich im Text auf Deutsch auf: „Alles ist Wechselwirkung“.15 Dieses Axiom taucht wie eine Eingebung auf. Urplötzlich war die alles umfassende Grundformel gefunden: die Grundformel jener Wissenschaftspraxis, die Humboldt längst schon auf seiner Reise durch die amerikanischen Tropen entwickelt hatte, der Humboldtʼschen Wissenschaft. Ort und Umfeld mögen andeuten, dass es Humboldt wohl eher wie eine plötzliche Erleuchtung kam, wie etwas, das er zwar lange schon vorbereitet und gedacht, aber noch niemals so einfach formuliert hatte. Von nun an aber sah er noch deutlicher, wie sehr alles mit allem über Wechselbezüge und vor allem Wechselwirkungen miteinander verbunden war.

Es ist faszinierend, Humboldt bei diesem Erkenntnisprozeß in seinen Amerikanischen Reisetagebüchern über die Schulter zu schauen. Denn seine alltäglichen Feldforschungen geraten nun zu transdisziplinären Untersuchungsreihen, in denen nicht nur das Netzwerk der Flüsse zwischen Orinoco und Amazonas oder das Netzwerk der Vulkane in den Hochanden des heutigen Ecuador, sondern auch die Vernetzungen zwischen den indigenen Sprachen oder die Wechselbezüge unter den verschiedenen Kulturen Amerikas deutlicher hervortreten. Überall tauchen Listen auf: Listen von Sprachen, Listen von Vulkanen, Listen von Flüssen.

Und mehr noch: Humboldt erkannte mehrfach und mit großer Deutlichkeit, in welch starkem Maße der Mensch etwa mit seiner Agrikultur in die nur scheinbar so unerschöpflichen Ressourcen der Natur eingreift und durch den Einschlag von Holz für den Schiffbau oder die Abholzung großer Waldgebiete zur Erschließung von Anbauflächen massiv in den natürlichen Wasserhaushalt hineinpfuscht. Bereits an historischen Quellen erkennt er die zerstörerische Wirkung der Kultur des Menschen. Er entwickelt dies zu einem Erkennen von Ökosystemen, doch wird all dies gekoppelt an eine Erfassung der jeweiligen Kultur der entsprechenden Bevölkerungsgruppen. Die Frage der Biodiversität ist keine rein biowissenschaftliche Frage, sondern eine, die ganz wesentlich kulturelle Aspekte miteinbezieht.

Denn es sind kulturelle Hintergründe, welche die Menschen in ihrer Handlungsweise bestimmen, wie er am Beispiel der Vernichtung der Seenlandschaft im Herzen Anáhuacs im heutigen Mexico verdeutlicht:

Die Spanier haben das Wasser als Feind behandelt. Sie wollen anscheinend, dass dieses Neu-Spanien genauso trocken wie die Innenbezirke ihres alten Spaniens ist. Sie wollen, dass die Natur ihrer Moral ähnlich wird, und das gelingt ihnen nicht schlecht. […] Man hat nicht verstanden, die beiden Ziele zu vereinen: die Sicherheit von Mexiko-Stadt und die Bewässerung der Ländereien. Der Wassermangel macht das Tal unfruchtbar, ungesund, das Salz nimmt zu, die Lufttrockenheit vergrößert sich.16

Der Mensch greift in die Natur nach kulturell geprägten Vorstellungen ein und will, mit Humboldts Worten, dass die Natur der Moral der jeweiligen Gruppe von Menschen und ihrer Herkunft ähnlich wird. Dies sind Einsichten in ein Verwoben-Sein der Kultur in die Naturzerstörung, welche bis heute kaum in der Forschung genutzt und damit abgegolten wären. Nach Humboldt benannte Institute der Natur- oder Biowissenschaften gibt es viele, nicht aber wissenschaftliche Institutionen, welche bei ihren Forschungen Natur- und Kulturwissenschaften gleichermaßen berücksichtigten.

Die Erkenntnis, dass alles Wechselwirkung ist, verbindet die Geologie und die Vulkanologie mit der Mythologie und der Symbolik der indigenen Völker, umgibt die für Humboldt in den amerikanischen Tropen großartige Majestät der Natur mit einem Wissen von der voranzutreibenden wissenschaftlichen Erkenntnis, aber auch der Fragilität jedweden menschlichen Wissens. Denn es ist nicht nur alles mit allem verbunden: Alles interagiert mit allem. Dabei ist es auch aufschlußreich zu sehen, in welchem Maße Humboldt zunehmend auf das Wissen der indigenen Bevölkerung zurückgreift und sich von seinen indianischen Führern immer wieder die Bezeichnungen für die Geräusche von Tieren bei Nacht im Urwald mitteilen lässt und die Fähigkeit seiner indianischen Führer, Träger und Ruderer bewundert, sich auch bei völliger Dunkelheit zurechtzufinden.

Als man in stockfinsterer Nacht auf dem Rückweg vom Chimborazo den richtigen Abstieg sucht, zeigt sich wieder die Zahlenverrücktheit Humboldts, hier freilich in einer selbstironischen Variante:

Wir kamen bald zu Fuß, bald zu Pferde vorwärts. Wir amüsierten uns damit zu zählen, wie oft jeder beim Gehen hinfiel. In weniger als drei Stunden zählte Don Vicente Aguirre, der hinter mir ging, bei mir 123 Stürze, ich bei dem Indianer, der vor mir ging, 34. Dies bedeutet also, dass die Geschicklichkeit eines Indianers im Vergleich zu einem Weissen sich wie 34 zu 123 verhält.17

Nichts gab es, was Humboldt nicht auch interessiert hätte. Alles schrieb er in seinen Amerikanischen Reisetagebüchern nieder, alles kommentierte er ausführlich und dachte dabei stets daran, wie es mit anderen Daten und Erkenntnissen zu vernetzen wäre. Oder doch fast alles. Denn es gibt auch das Schweigen Humboldts: ein Schweigen, das Bände spricht, auf das hier aber nur kurz eingegangen werden kann.

So ist es kaum vorstellbar, dass der preußische Forscher, der für alles das größte Interesse zeigte, in einem Bereich der Hochanden, in welchem seit langen Jahrhunderten der Umgang mit Halluzinogenen bekannt war, nicht auch mit Halluzinogenen experimentiert hätte. In seinen Reisetagebüchern aber findet sich hierzu keine Silbe. Humboldt wusste sehr wohl, dass er seine Amerikanischen Reisetagebücher eines Tages der Öffentlichkeit zugänglich machen würde. Und er bewahrte hierzu sein Schweigen wie auch sein Verschweigen intimer Gefühlsregungen: All dies war nicht für die Öffentlichkeit, nicht für ein breites Publikum bestimmt.

Das Wissen und die Erkenntnisse der Indianer aber interessierten, intrigierten, ja faszinierten ihn. Charakteristisch hierfür ist eine Passage aus Tagebuch VII, die zugleich auch die Grenzen seines eigenen Wissens und seiner eigenen Sinne aufzeigt:

Bei unserem Herborisieren haben wir Indianer zu Rate gezogen, um die Namen von Bäumen zu erfragen. Man stößt hier auf so hochaufragende Stämme, dass man das Laubwerk nicht zu unterscheiden vermag. Der Indianer nimmt die Rinde in den Mund, kaut auf ihr und sagt dann mit der allergrößten Sicherheit, es sei dieser und jener Baum. Ich kaute meinerseits auf der Rinde, und konnte unter 15 Bäumen keinen Unterschied im Geschmack feststellen. Sie erschienen mir allesamt im selben Maße geschmacklos.18

Der langsame Lernprozess, der sich in den Amerikanischen Reisetagebüchern niederschlägt, erfasst in letzter Instanz alle Bereiche der Wissenschaft und des Wissens. Humboldt ist bereit, alle Gebiete seines Wissens anhand der Realität, der Empirie, zu überprüfen und ihm offensichtliche Fehler zu korrigieren. Gerade auch aus Fehlern wurde er klug. Und an seinem Scheitern ist er nicht gescheitert, sondern wurde gescheiter. So avancierte der preußische Reiseschriftsteller während seiner amerikanischen Reise vom überzeugten Neptunisten, der wie Goethe oder sein Freiberger Lehrer Werner an die gesteinsformende Kraft aquatischer Sedimentation glaubte, zum angehenden Plutonisten, der den vulkanischen Erscheinungen einen weitaus größeren Einfluss auf die Bildung der Gesteine einräumte. Mit Goethe und Werner verband ihn zeitlebens freilich eine herzliche Freundschaft: Auch wenn Goethe ihm grollte – Humboldt war Diplomat und fürwahr geschickt.

Die rund viertausendfünfhundert Seiten des Manuskripts mit ihren etwa vierhundertfünfzig Skizzen und Zeichnungen19 entwerfen ein detailliertes Bild von einer Tropenwelt, in welcher sich Humboldt sehr schnell heimisch und glücklich fühlte. Doch er war nicht nur in vielen Klimaten zuhause. Humboldt schrieb in einer Vielzahl von Sprachen, überzeugt davon, dass die Komplexität der Welt nicht adäquat aus dem Blickwinkel einer einzigen Sprache darzustellen sei. Ist sein Tagebuch zunächst mehr in deutscher Sprache verfasst, so wechselt er mit zunehmender Reisedauer stärker ins Französische, ohne jedoch das Lateinische und das Spanische, aber auch Verweise auf andere, insbesondere indigene Sprachen, auszublenden. Humboldt war und dachte vielsprachig.

Erlaubt sei hier ein Wort zur Materialität seines Schreibens: Er mischte seine Tinten selbst, was uns nicht nur heute eine präzisere Datierung einzelner Passagen seiner Amerikanischen Reisetagebücher erlaubt20. Die Verwendung wasserresistenter Tinten bewahrte vielmehr seine Reisetagebücher vor dem Totalverlust, als einmal eine Piroge kenterte und auch die Manuskripte allesamt ins Wasser fielen. Das Papier bewahrte die Wasserflecken auf, die Humboldt noch Jahrzehnte später mit dem Bleistift umkringelte und liebevoll „Wasser vom Orinoco“ vermerkte; vor allem aber blieb seine Schrift, sein Schreiben erhalten, das in der für ihn charakteristischen Weise nach rechts oben ansteigend fortbesteht und all jene Erkenntnisprozesse bewahrt, die in beeindruckender Klarheit auf uns gekommen sind. Auf diesen Manuskriptseiten fehlt es auch nicht an Listen und Tabellen aller Art, auf welche sogleich zurückzukommen sein wird. Denn Humboldt liebte es, Listen von Dingen zu erstellen, die er untersuchte, die er liebte, die er vermaß oder an die er sich ganz einfach zu erinnern suchte.

Versuchen wir, auch hier einen umfassenderen Kontext zu sehen. Mit der Humboldtʼschen Wissenschaft geht auch die Entwicklung eines Humboldtʼschen Schreibens einher. Der Berliner Philosoph und Naturforscher schrieb durchgängig in seinen Reisemanuskripten weder tagebuchartig von Tag zu Tag noch itinerarisch entlang einer gegebenen Reiseroute; er ordnete seine Materialien weder disziplinär noch thematisch an. Es gibt, mit anderen Worten, keine durchgängige kontinuierliche Logik in seinem Schreiben, das ganz zweifellos nicht nur vielsprachig, sondern auch viellogisch war. Aber was macht dann dieses Schreiben aus?

Listen sind zuallererst zwar lineare, aber diskontinuierliche Diskurselemente. Alexander von Humboldt schrieb nicht kontinuierlich, sondern diskontinuierlich: Er ließ oft weite Freiräume zwischen seinen Eintragungen und füllte diese Lücken dann sukzessive auf. Er praktizierte damit ein Schreiben in Inseln, genauer: ein Schreiben in kleinen Text-Inseln, die sich nicht in eine kontinuierliche Sequenz einfügten, sondern relational miteinander verbunden waren. Jede Text-Insel, die er bisweilen mit Titel versah, war eine kleine Welt für sich mit ihrer eigenen Logik und Stimme, zugleich aber auch eine Insel-Welt, insofern jede Insel mit anderen Inseln multirelational verbunden war.

Dies ermöglichte eine wesentlich präzisere Umsetzung der Grundzüge seiner Wissenschaftskonzeption, in welcher alles mit allem verbunden sein musste und darüber hinaus auch wechselseitig aufeinander wirkte. Alexander von Humboldt fand in seinen Amerikanischen Reisetagebüchern mithin zur Grundform seiner Schreibweise, die er später in den unterschiedlichsten Varianten in gedruckter Form durchspielte. Dabei gelang es ihm, Diskontinuität zu einem fruchtbaren Grundprinzip seines Schreibens zu machen. Gerade mit Blick auf die Listen sollte dies von großer Bedeutung sein.

Doch Humboldt war auch und zutiefst ein politischer Kopf. Er sprach sich vehement gegen jegliche Form von Sklaverei und von Leibeigenschaft aus. In seinen Reisemanuskripten sind oftmals erschütternde Szenen einer kolonialistischen Herrschaft und Gewaltausübung festgehalten, die sich ins Gedächtnis seiner Leserschaft buchstäblich einbrennen mussten. Seine Kolonialismuskritik, die ihm später auch die Tür zum britischen Empire in Asien verschloss, wird gerade auch in der zweiten Hälfte seiner Reisemanuskripte scharf und beißend, eine Tatsache, die mit seinen Äußerungen über indigene Minenarbeiter in Mexico aus Tagebuch IX belegt sei:

Sie gehen von den Hosen abgesehen ganz nackt, fürchterlich schwitzend, sind meist auf einen kleinen Stock, kaum 10 Zoll lang, gelehnt und auf Treppen so vorgestreckt, dass sie auf allen Vieren zu gehen scheinen. Unglückliche Abkömmlinge eines Geschlechts, das man ihres Eigentums beraubte. Wo hat man Beispiele, dass eine ganze, ganze Nation alles Eigentum verlor? Ein starker Tenatero bleibt 6 Stunden lang mit 12–14 Arrobas Steinen beladen und legt in 1 Schicht auf- und abwärts an die 32000 Stufen zurück! Welch ein Kontrast, man spricht täglich von einer Energie der Weißen Rasse und Schwäche der Indios. Letztere machen 8–10 Reisen belastet, und wir, wir kriechen, wenn wir unbelastet und wohlgenährt, ein einziges Mal aus den Planes von Valenciana zu Tage heraussteigen. Ich bin mir selbst recht elend vorgekommen.21

In seine Amerikanischen Reisetagebücher hat Alexander von Humboldt bis an sein Lebensende immer wieder Hinzufügungen, Streichungen, Zusätze und Aktualisierungen mit großer Genauigkeit, aber auch mit ebensolcher Liebe eingetragen. Dieses Buch seines Lebens ist ein Schatz, der den Blick auf den preußischen Kultur- und Naturforscher verändert und uns einen menschlichen, hautnahen Humboldt zeigt: mit all seinen Widersprüchen, mit all seiner Vehemenz, mit all seiner Wissenschaft, mit all seiner Wahrheit. Es kann folglich nicht darum gehen, einen monolithischen Humboldt zu konstruieren, der seine Listen, Aufstellungen und Tabellen immer nur einer Logik folgend zusammengestellt oder gar als eigentlicher „Weltvermesser“ agiert hätte. Dabei war ihm in seinem langen Forscherleben von mehr als sieben Jahrzehnten auch vor Widersprüchen nicht bange.

Widersprüche und Webfehler

Bei einer aufmerksamen Lektüre ergeben sich zwischen vielen der Humboldtʼschen Aussagen Spannungen, bisweilen Widersprüche. In viele andere Aufstellungen und Listen hat Humboldt offenkundig bewusst Webfehler eingebaut. Einige der das Humboldtʼsche Werk charakterisierenden Widersprüche seien in der Folge beispielhaft genannt. Noch in seiner auf „Paris, im Februar 1812“22 datierten „Einleitung“ zu seiner im Druck während mehr als anderthalb Jahrzehnten erscheinenden Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents hatte Alexander von Humboldt nicht zuletzt auch unter Einbeziehung der vom zeitgenössischen Publikum in einem Reisebericht erwarteten Gegenstände eine klare Trennungslinie zwischen den Hemisphären, zwischen „Alter“ und „Neuer“ Welt gezogen:

Ich fühle wohl, wie sehr ein Amerikareisender gegenüber denen im Nachteil ist, die Griechenland, Ägypten, die Ufer des Euphrat oder die Südseeinseln beschreiben. In der alten Welt sind es die Völker und die Abstufungen ihrer Zivilisation, die dem Gemälde seinen Hauptcharakter geben; in der neuen hingegen verschwindet gleichsam der Mensch mit seinen Produkten inmitten einer wilden und gigantischen Natur. Die menschliche Gattung bietet hier nur einige Überbleibsel eingeborener, kulturell wenig fortgeschrittener Horden oder jene Einförmigkeit der Sitten und Institutionen, die von europäischen Kolonisten an diese fernen Gestade verpflanzt worden sind.23

Der schroffe Gegensatz zwischen einer Welt der Kultur und einer Welt der Natur eröffnet gleichsam jene Reisebewegung, welcher das Lesepublikum bis zur Veröffentlichung der letzten Lieferung des dritten Bandes im April 1831 – und damit bis zum abrupten Abbruch des eigentlichen Reiseberichts – folgen wird. Auch am Ende seiner nur wenig später verfassten und ebenfalls auf Paris im April 1813 datierten „Einleitung“ in die Ansichten der Kordilleren wird Humboldt manchen Widersprüchen zum Trotz den Meridian der Kulturen der Welt durch das antike Griechenland ziehen. Gerade in seinen Vues des Cordillères et Monumens des Peuples Indigènes de lʼAmérique aber gab Humboldt seiner Leserschaft eine Vielzahl von Belegen dafür an die Hand, wie vielfältig jene „Monumente der eingeborenen Völker Amerikas“ waren, die der preußische Gelehrte auf seinen Wegen durch die verschiedensten Regionen Amerikas sowie die Bibliotheken und Archive der Alten wie der Neuen Welt sorgfältig untersucht hatte. Denn bereits auf seiner Reise hatte er – wie es seine Amerikanischen Reisetagebücher demonstrieren – viel von der Komplexität amerikanischer Kulturen erfahren und avancierte später zu einem der Mitbegründer ihrer altamerikanistischen Studien. Warum also bewahrte er eine Ausrichtung an der abendländischen Antike, der sein Bruder Wilhelm und mit ihm das nahezu gesamte abendländische Bildungssystem zweifellos zugestimmt hätte, wo er doch zugleich in seinen Schriften ein wesentlich breiteres Panorama der Kulturen der Welt entwickelt hatte?

Die Widersprüche in seinem Gesamtwerk blieben, ja verschärften sich. Was mag Humboldt bewogen haben, in zwei sehr zeitnah entstandenen Einleitungen zu Bänden, die jeweils wichtige Bestandteile seines amerikanischen Reisewerkes darstellten, eher einander entgegengesetzte Standpunkte einzunehmen? Griff er in seinem Reisebericht auf die bekannte Zurechnung des amerikanischen Kontinents zum „Reich der Natur“ zurück, das neben Europäern und Kreolen nur „einige Überbleibsel eingeborener, kulturell wenig fortgeschrittener Horden“24 bevölkerten, so wandte er sich in seinen Ansichten der Kordilleren vehement gegen das zum damaligen Zeitpunkt noch immer weit verbreitete Vorurteil, es handle sich bei Amerika um einen vor der „Entdeckung“ gleichsam kultur- und geschichtslosen Kontinent:

Ein Volk, das seine Feste nach der Bewegung der Gestirne richtete und seinen Kalender in ein öffentliches Monument gravierte, hatte wahrscheinlich eine höhere Zivilisationsstufe erreicht als die, welche Pauw, Raynal und selbst Robertson, der klügste der Geschichtsschreiber Amerikas, ihm zuwiesen. Diese Autoren sahen jeden Zustand des Menschen als barbarisch an, der sich von dem Typus von Kultur entfernt, den sie sich nach ihren systematischen Ideen gebildet haben. Diese scharfen Unterscheidungen zwischen barbarischen und zivilisierten Nationen können wir nicht gelten lassen.25

In der Tat ist der behauptete Gegensatz zwischen Zivilisation und Barbarei ein immer wieder erneuerter Stein des Anstoßes für Humboldt. Wir werden darauf zurückkommen. Doch die Widersprüche zwischen beiden Zitaten sind eklatant, haben aber zweifellos mit der Tatsache zu tun, dass Alexander von Humboldt in der Einleitung zu seinem Reisebericht zunächst ein gängiges Klischee aufgriff, um dann im weiteren Verlauf seiner Relation historique ein wesentlich komplexeres Portrait des Kontinents und seiner Kulturen zu entwerfen. Das Spiel mit dem Klischee, mit dem Gemeinplatz war Humboldt keineswegs fremd: Nur zu gerne spielte er mit den Erwartungshaltungen seiner Leserschaft, um diese dann nicht selten auf überraschende Weise zu ent-täuschen. So darf man die am Eingang des Reiseberichts beobachtbare starre Gegensätzlichkeit zwischen den beiden Welten im Denken Humboldts sehr wohl hinterfragen, zumal sich in die oben angeführte Darstellung ein für Humboldts systematisierende Auflistungen nicht selten charakteristischer „Webfehler“ eingeschlichen hat. Auf diese „Webfehler“ wird zurückzukommen sein.

Die vermeintlich so klare Einteilung in der Auflistung von Weltregionen wird durch die Hinzufügung der keineswegs altweltlichen Südseeinseln – die durch die Reiseberichte eines Louis-Antoine de Bougainville, eines Georg Forster oder eines James Cook berühmt geworden waren – durchaus hintergründig aufgebrochen. Es sind die kleinen scheinbar unlogischen Abweichungen, die vermeintlich nebensächlichen Webfehler, mit deren Hilfe es Humboldt gelingt, seinen Vorstellungen jenen Schematismus und jene Starrheit zu nehmen, die er den „systematischen Ideen“26 der Raynal, de Pauw oder Robertson vorwarf. Nein, nach systematischen Ideen suchte er nicht: Er suchte vielmehr nach einer empirischen, materiellen, experimentellen Grundlage seiner Vorstellungen, ohne freilich die Theorie des Ganzen zu vernachlässigen.

Denn Humboldt zeigte sich nicht nur in den Vues des Cordillères, sondern auch in der Relation historique sehr wohl in der Lage, Alte und Neue Welt nicht mehr in Relationen der Gegensätzlichkeit, sondern der Komplementarität und wechselseitigen Relationalität vorzuführen. An die Stelle einer absoluten Alterität, die in der sogenannten „Berliner Debatte um die Neue Welt“ vorgeherrscht hatte27, setzte er eine Relationalität, eine Vielverbundenheit, für welche seine Grundformel Alles ist Wechselwirkung Gültigkeit beanspruchen durfte. Im Übrigen wusste er wie kaum ein anderer seiner Zeitgenossen kulturelle Zeugnisse dafür anzuführen, die jenseits der vergänglichen Spuren von Jägervölkern und anderer nomadisierender Stämme die Blüte indigener Kulturen eindrucksvoll belegen konnten. Nein, für ihn war die vom europäischen Stolz konstruierte Grenze zwischen Zivilisation und Barbarei eine Chimäre, eine Fremd- und Selbsttäuschung.

Vergleichbare Widersprüche in Humboldts Schriften finden sich auch auf anderen Ebenen. Was Humboldt im ersten Band seines Reiseberichts als „Einförmigkeit“ brandmarkte und mit Blick auf die gewaltige Verbreitung des Spanischen im dritten Band wiederum als die Zeiten überdauerndes „Denkmal nationalen Ruhms“28 pries, stellte er in anderen Schriften gerne als ein wichtiges Element für die Erleichterung einer Nationalgrenzen überspannenden Kommunikation dar, das schon bald der künftigen Entwicklung der spanischsprachigen Welt zugute kommen werde. Bereits in seinen Amerikanischen Reisetagebüchern hielt er fest, dass unter allen europäischen Sprachen das Spanische außerhalb Europas „von der größten Menschenzahl gesprochen“ werde29. Selbst das Arabische oder Chinesische sei nicht „über einen so ungeheuren Flächenraum von Nueva Galicia und California bis Cap Horn, Philippinen, Molukken, ausgebreitet“; und rechne man das Portugiesische, das dem Kastilischen näher stehe als das Katalanische oder Valencianische, hinzu, so dürfe man „ganz Ostindien, Persien und die asiat[ische] Inselwelt, in der das Portugiesische als Handels- und Geschäftssprache ist, mit zum Gebiet der span[ischen] Sprache zählen“30. Auch wenn man die Einbeziehung der Lusophonie in die Hispanophonie aus dem Blickwinkel der heutigen Linguistik kaum gutheißen kann, sind Humboldts Überlegungen zur Weltsprache des Spanischen doch heute mehr denn je pertinent.

Dem Spanischen noch am nächsten komme allein das Englische, das seinerseits über „den größten Theil von Nordamerika und die westindischen Inseln, Bengalen und Orissa, die Küste von Madras“ verbreitet sei31. Gerade für das Spanische aber seien unter veränderten politischen Vorzeichen hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten absehbar:

Wenn die spanische Nation einst politische Freiheit und intellektuelle Bildung erhält, wird diese Verbreitung der Sprache der Nation einen großen Vorzug vor allen anderen Europäern geben. In Süd-Amerika wird dies besonders auffallend werden. Was in Mexiko gedruckt wird, kann in Caracas, Lima, Buenos Aires und Manila gelesen werden. Welche Leichtigkeit in [der] Verbreitung von Ideen und Empfindungen!32

Bereits in dieser Einlassung seines Tagebuches entwarf Alexander von Humboldt während seiner Reise auf seinem Weg nach Bogotá am Río Magdalena dieses Bild der weltweiten Verbreitung der auf dem Neuen Kontinent gesprochenen europäischen Sprachen, wobei er in dieser „Kartierung“ eines Sprachenatlas zum einen den Gegensatz zwischen Nord- und Südamerika – und damit zwischen den „beiden Amerikas“ – betonte, zugleich aber die hemisphärischen Grenzen weit überschritt. Für Humboldts Denk- und Schreibweise ist es charakteristisch, dass auch seine Auflistung der Regionen beziehungsweise Hauptstädte Südamerikas keineswegs konsistent ist und einer durchgängigen Logik zuwiderläuft. Zum einen gehört Mexico geographisch keineswegs – auch nicht im Sinne der Humboldtʼschen Einteilungen – zum südamerikanischen Subkontinent, und zum anderen weist Manila – ähnlich wie die Südseeinseln in der bereits zuvor behandelten Auflistung von Orten der „Alten Welt“ – über die Grenzen sowohl Südamerikas wie des gesamten amerikanischen Kontinents hinaus. Jeweils ein bloßer Lapsus des Verfassers? Wohl kaum. Auch hier also stoßen wir auf Webfehler in einer typisch Humboldtʼschen Auflistung von Orten und Regionen.

Diese oft beobachtbare Inkonsistenz Humboldt’scher Listen und Reihungen mag auf den ersten Blick wie eine Unaufmerksamkeit des großen Wissenschaftlers erscheinen. Die Häufigkeit derartiger „Versehen“ sollte uns freilich dafür sensibel machen, dass es Humboldt ganz offensichtlich jenseits erstarrter systematischer Ideen um die ständig neue Perspektivierung nur auf den ersten Blick einfacher Grenzziehungen ging. Auch die Liste der Bilddarstellungen in seinen Vues des Cordillères weist ähnliche Webfehler auf, erscheint sie doch nur auf den ersten Blick als kohärent. Stets eröffnet sich durch diese Webfehler ein Spalt in der Konsistenz einer Liste, durch welchen andere Anordnungsmuster und Logiken greifbar werden. Und in der Tat entziehen sich die einzelnen Teile der Vues des Cordillères jeder konsistenten Logik und Anordnung.

So stellen wir zunächst verwundert fest: Nur das Überschreiten und Unterspülen von Grenzen und Einteilungen hat bei Humboldt System: Ständig erscheinen neue Beziehungen und Verbindungen, immer wieder wechseln die Begriffe und die Perspektiven, die Einbeziehung anderer Phänomene eröffnet laufend neue Zusammenhänge, die zunächst nicht in den Vordergrund gerückt worden waren. So entsteht eine Multiperspektivität und eine damit einhergehende Beweglichkeit und Mobilität der Einteilungen, die durch ständige Verschiebungen und Überlappungen zwischen verschiedenen Räumen nicht die Grenzen und die mit ihnen zusammenhängenden Territorien, wohl aber die Relationen zwischen einzelnen Areas und die mit diesen verbundenen Kommunikations- und Austauschmöglichkeiten ins Blickfeld rücken. Humboldt offeriert seiner Leserschaft immer zugleich auch andere Möglichkeiten, sich der Logik eines Phänomens anzunähern.

Auf diese Weise wird die interne Relationalität auf der hemisphärischen Ebene in ihrer Komplexität herausgearbeitet und die amerikanische Hemisphäre zugleich auf eine externe, die kontinentalen Grenzen Amerikas überschreitende Relationalität bezogen, wie Humboldt dies hier am Beispiel der Sprachen als Kommunikationsmittel par excellence vorgeführt hat33. Stellen wir also zunächst einmal fest, dass Humboldt in viele seiner Listen Webfehler einbaute, um kategorische Einteilungen zu unterspülen und um transareale Beziehungen herauszustellen. Hinter der scheinbaren Ordnung einer Liste erscheint eine Kraft, welche stets diese Ordnung an ihre Grenzen führt und andere Logiken aufscheinen lässt.

Der Tableau physique des Andes

Es ist in dem hier gewählten Zusammenhang unmöglich, sich mit den Hunderten, ja Tausenden von Listen im gesamten Schaffen Alexander von Humboldts flächendeckend auseinanderzusetzen. Zu verschiedenartig sind diese Auflistungen, als dass man sie in einer einzigen kurzen Überschau kritisch darstellen könnte. Es kann daher an dieser Stelle über das Gesagte hinaus nur der Versuch unternommen werden, unsere Überlegungen an einem besonders aussagekräftigen Beispiel repräsentativ vor Augen zu führen. Exemplarisch sei daher auf jene herausragende Visualisierung Humboldtʼscher Wissenschaft verwiesen, die auf eine einzigartige Weise diese Wissenschaftskonzeption in ihrer Komplexität, aber auch in ihrer Zusammenschau als Totaleindruck präsentierte.

Beschäftigen wir uns daher mit seinem spektakulären Tableau physique des Andes et Pays voisins, der sicherlich zu den berühmtesten Wissenschaftsdarstellungen des gesamten 19. Jahrhunderts zählt. Er geht auf einen Humboldtʼschen Entwurf des Jahres 1802 im ecuadorianischen Guayaquil zurück und erschien im Jahre 1807 in einem separaten Band zu seiner Géographie des Plantes, der ersten wissenschaftlichen Buchpublikation nach Abschluß seiner Reise und zugleich der damit verbundenen Grundlegung der Disziplin der Pflanzengeographie. Auch wenn er den Stand seiner Wissenschaft um 1807 repräsentiert und sich an diesen ein halbes Jahrhundert wissenschaftlicher Tätigkeiten anschloß, ist er doch von grundlegender Bedeutung für das gesamte Opus Americanum.

Im Rückgriff auf Vorstellungen der Pasigraphie als Formelsprache zur Erfassung komplexer Zusammenhänge auf einen Blick, aber auch im Rückgriff auf Überlegungen zum „Totaleindruck“ bei seinem Bruder Wilhelm von Humboldt34 entwickelte Alexander von Humboldt in diesem – so der deutschsprachige Titel – Naturgemälde der Tropen-Länder eine schon auf den ersten Blick erkennbare Einheit von Natur und Kunst, wie sie auch im Begriff des Natur-Gemäldes deutlich zum Ausdruck kommt. In dieser einzigartigen Verquickung von Wissenschaft und Ästhetik, bei welcher Ästhetik nicht als „Schmuck“ oder „Zierrat“, sondern als das eigentliche, künstlerisch gestaltete Verbindungswissen zwischen allen Bereichen des Wissens und der Wissenschaft verstanden werden sollte, gelang es dem preußischen Natur- und Kulturforscher, gleichsam modellhaft für den Kontext der Pflanzengeographie jene Elemente seiner Reise herauszuarbeiten, die gleichsam repräsentativ seinen Denk-, Schreib- und Wissenschaftsstil modellierten. Als Ikone des Humboldtʼschen Wissenschaftsverständnisses ist der Tableau physique zweifellos von keiner anderen Bildgebung Alexander von Humboldts übertroffen worden.

Zunächst sei betont, dass in diesem inselartig herauspräparierten Schnitt durch die Andenvulkane des Chimborazo und des Cotopaxi buchstäblich alles in Bewegung ist oder sich in Bewegung befindet. Zum einen ist es der Festlandssockel, zu dem Humboldt schon früh festgestellt hatte, dass sich die Umrisse Südamerikas sehr präzise in die Umrisse Afrikas einfügen ließen und daher eine Wanderung Südamerikas nach Westen wahrscheinlich sei; und zum anderen ist es auch die gesamte dargestellte Geologie, deutet der rauchende Schlund des Vulkans doch an, dass das die Vulkankegel aufbauende Gestein in ständiger „plutonistischer“ Bewegung begriffen ist. Aber auch und vor allem sind es die Pflanzen, die auf der Wanderung sind, ist die von Humboldt begründete Pflanzengeographie doch keine Kartierung oder statische Bestandsaufnahme des Vorhandenseins oder Vorkommens von Pflanzen, sondern eine Untersuchung der Wanderungen von Gewächsen an der Oberfläche (und bei den Kryptogamen selbst unter) der Erde. Und schließlich sind auch die verschiedenen Parameter etwa der Schneegrenze, aber auch der verschiedenen Höhenstufen in Bewegung, flachen alle Grenzen etwa des ewigen Schnees sowie anderer Höhenstufen doch hin zu den Polen ab, wie der Tableau physique präzise vermerkt.

In diesem Naturgemälde sind nicht nur Natur und Kunst aufs Engste miteinander verwoben, sondern vor allem auch Bild und Schrift. Dies gilt ebenso für das Gemälde selbst wie für die wissenschaftlich links und rechts von ihm aufgelisteten Tabellen, in welche Humboldt alle möglichen Messdaten und Bemerkungen eintrug. Auf der linken Seite sind Höhen in Metern angegeben, dann folgt eine Auflistung der Refraktionswerte, Angaben zur Sichtbarkeit vom Meer aus, eine Auflistung der Höhenangaben verschiedenster Bergriesen weltweit, welche zum damaligen Zeitpunkt bekannt und nachprüfbar gemessen waren, vom Gipfel des 1807 noch als höchster Berg der Welt geltenden Chimborazo bis hinunter zum Kinekulle in Schweden, dann eine Auflistung elektrischer Phänomene beziehungsweise von Witterungserscheinungen in großer Höhe, sowie dann zur Kultur des Bodens in Abhängigkeit von der jeweiligen Höhe.

In der letztgenannten Liste erfolgt ein Zusatz Humboldts in Klammern, in welchem wir lesen: „Esclaves Africains introduits par les peuples civilisés de lʼEurope“. Es handelt sich um eine klare Anspielung Humboldts auf die Barbarei der Zivilisation wie auf die Zivilisation der Barbarei des von Europäern zu verantwortenden Sklavenhandels und der Sklaverei. Auch die Erwähnung der afrikanischen Sklaven unterstützt die Präsentation einer alle Bereiche von Natur und Kultur erfassenden Bewegung, sind es doch die verheerenden Biopolitiken der Europäer mit ihren Versklavungen und Deportationen, welche die Bevölkerungsstruktur der amerikanischen Kolonialgebiete so grundlegend veränderten.

Dieser Zusatz verankert ohne jeden Zweifel das Naturgemälde der Tropen-Länder innerhalb eines ethisch-politischen Raumes, der für den preußischen Forscher von entscheidender Bedeutung war. Selbstverständlich können wir an dieser Stelle einen der zahlreichen Webfehler in den Listen Alexander von Humboldts erkennen – und zugleich eine der Listen, mit deren Hilfe sich Humboldt immer wieder dem rein Schematischen entzog und ganz selbstverständlich das Politische in die wissenschaftliche Untersuchung miteinbezog. Denn diese Eintragung ist zweifellos eine List Humboldts, mit deren Hilfe er die Last einer kolonialen und kolonialistischen Vergangenheit andeutete, die zum damaligen Zeitpunkt noch immer in Form der Sklaverei fortdauerte.

Die restlichen Tabellen oder Listen der linken Seite sind rasch genannt: zur Abnahme der Schwerkraft, zur Bläue des Himmels, die mit Hilfe eines Cyanometers bestimmt wurde, zur Abnahme der Luftfeuchtigkeit sowie zu Messungen des Luftdrucks. Soweit die ersten zehn Auflistungen auf der linken Seite des Naturgemäldes, die man durchaus noch detaillierter untersuchen könnte.

Die Rahmung des Naturgemäldes mit Höhenskalen jeweils in Toisen und in Metern wird auf der rechten Seite fortgesetzt mit Angaben zur Messung der Lufttemperatur in verschiedenen Höhenlagen, zur chemischen Zusammensetzung der Luft, mit Messungen zur unteren Grenze des ewigen Schnees, mit Angaben zur den Tieren in den jeweiligen Höhenstufen, wobei auch Angaben vorhanden sind, welche Tiere – wie etwa Krokodile – in diesen Bereichen nicht leben. Humboldt integriert an dieser Stelle kleine Kerne möglicher Erzählungen, die er hier nur andeutet, aber nicht narrativ entfaltet. Dann folgen Angaben zum Siedepunkt des Wassers in verschiedenen Höhenstufen, zu den jeweiligen geologischen Verhältnissen hauptsächlich in den Anden und umliegenden Regionen, aber auch mit Blick auf weltweite Zusammenhänge, wobei Humboldt hier einige Theorien zur Beschaffenheit von Tiefländern, Hochebenen und Gipfeln äußert; schließlich folgen Angaben zur Lichtintensität in Abhängigkeit von der Höhe sowie eine weitere Skala mit Höhenangaben in Toisen.

Diese verschiedenen Auflistungen besitzen etwas zugleich Faszinierendes und Befremdliches. Denn einerseits fassen sie auf eine beeindruckende Weise all jene Messungen zusammen, die Humboldt auf seiner Reise durch die amerikanischen Tropen angestellt hatte, andererseits greifen sie Gegenstände und Phänomene heraus, bei denen man sich fragen muss, nach welcher Logik Humboldt hier vorging und warum er gerade diese und nicht andere Angaben herausgriff. Denn er hätte auch gänzlich andere Objekte seiner Messungen herausgreifen können; und wir könnten uns eine Vielzahl an Themen vorstellen, welche Humboldt in diesem Tableau physique nicht verzeichnete, etwa Listen zu den höchsten Punkten dauerhafter menschlicher Besiedelung, zur Lage wichtiger Städte und Hauptstädte in Abhängigkeit von ihrer Höhenlage oder zur Infrastruktur in den andinen Bereichen, um hier nur einige Beispiele herauszugreifen. Die Listen gehorchen zweifellos einer wissenschaftlichen Logik der Humboldtʼschen Wissenschaft, doch sind sie zugleich so beschaffen, dass sie durchaus an jene Liste von Jorge Luis Borges erinnern, welche den Epistemologen Foucault zu einem derartigen Lachen und zur Niederschrift von Les mots et les choses veranlaßt hatte. Denn es wird nicht wirklich klar, nach welcher Logik der Preuße seine Listen auswählte und warum er in manchen Auflistungen darüber hinaus durchaus narrative Züge entwickelte.

Denn die Tabellen und Auflistungen, welche uns Alexander von Humboldt in seinem Naturgemälde zeigt, entsprechen nicht nur dem Stand der Wissenschaft, den er im Jahre 1807 erreicht hatte. Mehr als fünfzig Jahre, mehr als ein halbes Jahrhundert noch sollte er weiter an diesen Überlegungen auch und gerade zum amerikanischen Kontinent arbeiten und seine Vorstellungen gegenüber dieser Veranschaulichung seiner Pflanzengeographie erheblich erweitern. Aus diesem Blickwinkel erscheint es als geradezu notwendig, dass Humboldt sich hier einer Epistemologie der Weitung und Erweiterung bediente, dass seine Listen so, aber auch ganz anders hätten abgedruckt werden können – und dass seine Listen zugleich stets auch jene Webfehler enthalten, die sie für uns heute noch so gut lesbar und aufschlussreich machen. Denn seine Listen führen uns zugleich auf Pisten, die das Humboldt’sche Forschungsgebäude in allen Richtungen transdisziplinär durchqueren.

Oft ist man in der Forschung über den ausführlichen Titel des gesamten Naturgemäldes der Tropenländer hinweggegangen. Er sei deshalb in seiner französischen Fassung nochmals in Erinnerung gerufen: Géographie des plantes équinoxiales. Tableau physique des Andes et Pays voisins. Dressé d’après des Observations & des Mesures prises sur les Lieux depuis le 10° de latitude boréale jusqu’au 10° de latitude australe en 1799, 1800, 1801, 1802 et 1803. Par Alexandre de Humboldt et Aimé Bonpland. Esquissé et rédigé par M. de Humboldt, dessiné par Schönberger et Turpin à Paris en 1805, gravé par Bouquet, la lettre par Beaublé, imprimé par Langlois.

Wenn sich in der Bezeichnung als Tableau physique35 wie im deutschen Naturgemälde die wechselseitige Verzahnung und Beeinflussung von Natur und Kultur beziehungsweise Kunst deutlich zeigt, so verweist der Titel auch auf die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Künstlern bei der Konfiguration dieses Schnitts durch die Anden. Der ausführliche Titel konfiguriert gleichsam eine Gruppe von Autoren dieses Naturgemäldes. Gleichzeitig gibt der Titel zur Genüge einen Hinweis auf die Breite eingeholter Messwerte, die sich keineswegs allein auf den Chimborazo, sondern auf eine große räumliche und zeitliche Erstreckung der gesamten Reise beziehen und daher eine Modellierung darstellen, die als Fraktal des gesamten südamerikanischen Subkontinents verstanden werden muss. Die von dem erwähnten französischen Forscherteam erbrachten Hinweise, dass sich die Angaben etwa zur Höhe aufgefundener Pflanzen nicht am Chimborazo nachweisen lasse, erscheint dabei als bereits im Titel dieser Darstellung vorweggenommen. An der Präzision der Angaben und Messwerte Humboldts im Tableau physique zu zweifeln, wäre aus einer Perspektive, welche den modellhaften Charakter der Humboldtʼschen Visualisierung vor Augen hat, grob fahrlässig.

Die schriftlichen Eintragungen im Naturgemälde der Tropenländer selbst sind dabei von dreierlei Art. Zum einen handelt es sich um Angaben zur Reise selbst, etwa bis zu welchem Punkt Aimé Bonpland, Carlos Montúfar und Humboldt am Chimborazo gelangt sind – auch dies wiederum ein deutlicher Hinweis des Preußen, gerade nicht bis zum Gipfel gelangt zu sein. Zum anderen enthält der Tableau Angaben, bis zu welcher Höhe andere Expeditionen in den Anden (wie die von Bouguer und La Condamine) oder den Alpen (wie die von Saussure) gelangt sind und verzeichnet auch den kurze Zeit später erzielten Höhenweltrekord durch einen französischen Ballonaufstieg. Drittens schließlich werden Angaben gemacht, welche nicht lediglich vergleichender, sondern relationaler Natur sind: Hierzu zählen nicht nur Verweise auf Berge, die Humboldt in anderen Areas (wie etwa den Popocatépetl) bestiegen hat, sondern auch Erhebungen in einem weltweiten Maßstab, wie es etwa der Hinweis auf den Vesuv vorführt. Sie vergleichen nicht, sondern relationieren und bringen damit ein grundlegendes transareales Verständnis von Globalität bei Humboldt zum Ausdruck.

Die Listen Alexander von Humboldts haben es also fürwahr in sich. Sie fügen sich ein in die diskontinuierliche Schreibweise des preußischen Forschers und sind in vielerlei Hinsicht nicht nur wie seine Schriften selbst als vielsprachig, sondern auch als viellogisch zu bezeichnen. Sie enthalten Erzählkerne, die Humboldt teilweise an anderer Stelle narrativ ausfaltete, oder führen grundlegend andere Themen ein, die wie etwa das Thema der Sklaverei und der Barbarei der so „zivilisierten“ Europäer die Ästhetik der Tableau physique um eine grundlegende ethische Dimension erweitern. Sie repräsentieren Schreibformen, auf welche Humboldt in seinen Reisemanuskripten, aber auch in seinen gedruckten wissenschaftlichen Abhandlungen häufig zurückgriff, um Faktoren zu benennen, die in einen grundlegenden Prozess der Wechselwirkung einbezogen sind.

Nicht zuletzt aber machen diese Listen und Auflistungen in Humboldts Œuvre klar, dass es sich um einfallsreiche Listen ihres Verfassers handelt, um die Lasten der Vergangenheit oder Gegenwart in die Lust an der Gestaltung und Bereicherung des Wissens und der Wissenschaften zu übersetzen. Es sind Listen einer Epistemologie ständiger Erweiterung, bei deren Abfassung wir bisweilen auch das dezente Lachen ihres Verfassers über seine Listen durchaus hören können.

1 Foucault, Michel: Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. Aus dem Französischen von Ulrich Köppen. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1974, S. 17.

2 Vgl. hierzu und zu den komplexen asymmetrischen Beziehungen zur lateinamerikanischen Literatur Ette, Ottmar: Asymmetrie der Beziehungen. Zehn Thesen zum Dialog der Literaturen Lateinamerikas und Europas. In: Scharlau, Birgit (Hg.): Lateinamerika denken. Kulturtheoretische Grenzgänge zwischen Moderne und Postmoderne. Tübingen: Gunter Narr Verlag 1994, S. 297–326.

3 Foucault, Michel: Die Ordnung der Dinge, S. 17.

4 Ebd.

5 Ebd.

6 Vgl. Descombes, Vincent: Das Selbe und das Andere. fünfundvierzig Jahre Philosophie in Frankreich 1933–1978. Aus dem Französischen von Ulrich Raulff. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1981.

7 Vgl. hierzu Ette, Ottmar: Weiter denken. Viellogisches denken/viellogisches Denken und die Wege zu einer Epistemologie der Erweiterung. In: Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte/Cahiers dʼHistoire des Littératures Romanes (Heidelberg) XL, 1–4 (2016), S. 331–355.

8 Für einen wissenschaftlichen Überblick über die verschiedensten Aspekte des Humboldtʼschen Schaffens vgl. Ette, Ottmar (Hg.): Alexander von Humboldt Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Mit 52 Abbildungen. Stuttgart: J. B. Metzler Verlag – Springer Nature 2018.

9 Vgl. Eco, Umberto: Die unendliche Liste. Aus dem Italienischen von Barbara Kleiner. München: Carl Hanser Verlag 2009, S. 113.

10 So in seiner auf März 1849 datierten „Vorrede zur zweiten und dritten Ausgabe“ seiner Ansichten der Natur, mit wissenschaftlichen Erläuterungen. Nördlingen: Greno 1986, S. 9.

11 Humboldt, Alexander von: Die Jugendbriefe 1787–1799. Herausgegeben und erläutert von Ilse Jahn und Fritz G. Lange. Berlin: Akademie-Verlag 1973, S. 74.

12 Vgl. Humboldt, Wilhelm von: Briefe an Karl Gustav von Brinkmann. Hg. von Albert Leitzmann. Leipzig 1939, S. 60.

13 Vgl. Moret, Pierre et al.: Humboldtʼs Tableau physique revisited. In: PNAS (May 2019) https://doi.org/10.1073/pnas.1904585116.

14 Vgl. die deutschsprachige Ausgabe von Humboldt, Alexander von: Ansichten der Kordilleren und Monumente der eingeborenen Völker Amerikas. Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer. Ediert und mit einem Nachwort versehen von Oliver Lubrich und Ottmar Ette. Frankfurt am Main: Eichborn Verlag (Die Andere Bibliothek) 2004.

15 Humboldt, Alexander von: Reise auf dem Río Magdalena, durch die Anden und Mexico. Teil I: Texte. Aus seinen Reisetagebüchern zusammengestellt und erläutert durch Margot Faak. Mit einer einleitenden Studie von Kurt-R. Biermann. Berlin: Akademie-Verlag 1986, S. 358.

16 Humboldt, Alexander von: Reise auf dem Magdalena, durch die Anden und Mexiko, Bd. 2, S. 254.

17 Humboldt, Alexander von: Das Buch der Begegnungen. Menschen – Kulturen – Geschichten aus den Amerikanischen Reisetagebüchern. Herausgegeben, aus dem Französischen übersetzt und kommentiert von Ottmar Ette. Mit Originalzeichnungen Humboldts sowie historischen Landkarten und Zeittafeln. München: Manesse Verlag 2018, S. 236.

18 Humboldt, Alexander von: Das Buch der Begegnungen, S. 270.

19 Vgl. hierzu Ette, Ottmar/Maier, Julia: Alexander von Humboldt: Bilder-Welten. Die Zeichnungen aus den Amerikanischen Reisetagebüchern. München/London/New York: Prestel 2018.

20 Vgl. Thiele, Matthias: „Im Angesicht der Dinge“: Ambulatorische Aufzeichnungspraktiken und Schreibtechniken des Notierens bei Alexander von Humboldt mit Seitenblicken auf Georg Forster, Thomas Jefferson und Adelbert von Chamisso. In: Ette, Ottmar/Drews, Julian (Hg.): Horizonte der Humboldt-Forschung. Natur, Kultur, Schreiben. Hildesheim/Zürich/New York: Georg Olms Verlag 2016, S. 319–348; sowie Bispinck-Roßbacher, Julia: Ein Blick in die Tiefe – Kodikologische und materialtechnologische Untersuchungen an den Manuskripten Alexander von Humboldts. In: ebd., S. 193–205.

21 Humboldt, Alexander von: Das Buch der Begegnungen, S. 315.

22 Alexander von Humboldt: Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents. 2 Bde. Herausgegeben von Ottmar Ette. Mit Anmerkungen zum Text, einem Nachwort und zahlreichen zeitgenössischen Abbildungen sowie einem farbigen Bildteil. Frankfurt am Main/Leipzig: Insel Verlag 1991, hier Bd. I, S. 40.

23 Ebd., Bd. I, S. 35f.

24 Ebd.

25 Humboldt, Alexander von: Vues des Cordillères, S. 194.

26 Ebd.

27 Vgl. hierzu Bernaschina, Vicente/Kraft, Tobias/Kraume, Anne (Hg.): Globalisierung in Zeiten der Aufklärung. Texte und Kontexte zur „Berliner Debatte“ um die Neue Welt (17./18. Jh.). 2 Bde. Frankfurt am Main/Bern/New York: Peter Lang Edition 2015.

28 Ebd., Bd. II, S. 1462.

29 Humboldt, Alexander von: Reise auf dem Río Magdalena, Teil I, S. 75.

30 Ebd.

31 Ebd.

32 Ebd.

33 Zu den räumlich-geographischen, zeitlichen, sozialen, literarischen, gattungsspezifischen, intermedialen und kulturellen Dimensionen dieses neuen Amerika-Diskurses vgl. Ette, Ottmar (2004): Die Ordnung der Weltkulturen. Alexander von Humboldts Ansichten der Kultur. In: HiN – Alexander von Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien 5(09), 10–32. DOI: https://doi.org/10.18443/50.

34 Vgl. hierzu Trabant, Jürgen: Der Totaleindruck. Stil der Texte und Charakter der Sprachen. In: Gumbrecht, Hans Ulrich/Pfeiffer, K. Ludwig (Hg.): Stil. Geschichte und Funktionen eines kulturwissenschaftlichen Diskurselements. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1986, S. 169–188; Hard, Gerhard: „Der Totaleindruck der Landschaft“. Re-Interpretation einer Textstelle bei Alexander von Humboldt. In: Alexander von Humboldt. Eigene und neue Wertungen der Reisen. Arbeit und Gedankenwelt. Wiesbaden: Steiner 1970, S. 49–73; sowie Schneider, Birgit: Der „Totaleindruck einer Gegend“. Alexander von Humboldts synoptische Visualisierung des Klimas. In: Ette, Ottmar/Drews, Julian (Hg.): Horizonte der Humboldt-Forschung, S. 53–78.

35 Vgl. die wichtige Arbeit zu diesem Aspekt der Humboldtʼschen Wissenschaft von Kraft, Tobias: Figuren des Wissens bei Alexander von Humboldt. Essai, Tableau und Atlas im amerikanischen Reisewerk. Berlin – Boston: Walter de Gruyter 2014; diesem Werk verdanke ich auch den Hinweis auf den Verweis auf afrikanische Sklaven im Tableau physique.

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